Rund 130 Personen folgten der Einladung ders Verbandes Aargauer Muslime (VAM) am 26. September 2007, gemeinsam den Iftar im reformierten Gemeindehaus in Buchs AG zu geneissen. Die Aargauer Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 28. September 2007 unter dem Titel «Wer fest fastet, darf fast festen» darüber.
von Peter Weingartner
Rund 130 Personen, gut die Hälfte davon Christen, genossen in Buchs den islamischen Iftar: Das Fastenbrechen. Es gab gutbürgerliches Essen samt Dessert und Kaffee. Und reichlich Gelegenheit zum Gedankenaustausch über die Religionsgrenzen hinweg. «Nein, der Ramadan ist noch nicht zu Ende. Er begann am 13. September, als der Mond eine dünne Sichel bildete, und endet am 12. Oktober mit einem dreitägigen Fest», sagt Hamit Duran vom Verband Aargauischer Muslime. Jetzt ist also ungefähr Halbzeit. Das Fasten wird jeden Abend gebrochen, wenn die Enthaltsamkeit des Tages ein Ende hat. Normalerweise wird der Iftar im Familien- oder Freundeskreis durchgeführt. An diesem Abend ist er öffentlich – im reformierten Kirchgemeindehaus Buchs-Rohr. Nach der Premiere letztes Jahr in Baden luden die Muslime dieses Jahr in den Westaargau. Um 18.50 Uhr ist das Gästebuch im Foyer noch leer. In der rechten Ecke des Saals liegen Teppiche und Tücher; an der Wand Kinderworte aus dem reformierten Religionsunterricht. «Gott ist immer überall», steht da. Und: «Er lässt die Menschen irgendeinmal sterben.» Auf den Tischen stehen Brot und Getränke. Draussen ist trübes Wetter, doch die Sonne ist noch nicht untergegangen.
Feindbilder abbauen
Pfarrer Hanspeter Ott begrüsst als Hausherr die bunte Gesellschaft. Dem VAM sind muslimische Gruppen aus verschiedenen Regionen der Erde angeschlossen. In Buchs sind auch Leute aus Indonesien anwesend. Ott verweist auf Feindbilder, die zum Teil «ausgiebig gepflegt» würden, aber keinen Frieden schafften. Die Geschichte lasse sich nicht verändern; es gelte, die Gegenwart und die Zukunft zu gestalten. «Freundschaft hebt Unterschiede nicht auf, baut aber Feindbilder ab.» Ulrich Graf von der reformierten Kirche Aarau referiert über die Bedeutung des Fastens im Christentum, das seine Wurzeln im alten Testament habe. Dabei gehe es nicht um das blosse Einhalten von Bräuchen. Echtes Fasten bewirke eine Entschlackung des Körpers, aber auch eine Konzentration auf das Wesentliche im Leben. Gemäss Muslima Melanie Muhaxheri vom VAM ist der Fastenmonat Ramadan für gesunde (und nicht schwangere) Muslime verpflichtend: In diesem Monat wurde der Koran auf die Erde gesandt. Dabei gelte es, sich während des Tages des Essens, Trinkens und anderer sinnlicher Annehmlichkeiten, aber auch schlechter Taten, Worte und Gedanken, zu enthalten. Auch hier steht die Konzentration auf Gott im Mittelpunkt. Wer nicht fasten könne, müsse Spenden leisten: 10 bis 12 Franken pro Tag. Muhaxheri lädt die Anwesenden dazu ein, an einen Gott zu glauben. Christina Baumgartner, Seelsorgerin der katholischen Kirche Buchs, verweist auf Zeugnisse von Hellsichtigkeit und Hellhörigkeit dank dem Fasten. «Nur wer bewusst verzichten kann, weiss um den Wert der Fülle», sagt sie. Das Fasten fördere die Selbstfindung und das Wachsein für das Wesentliche. «Nach festem Fasten dürfen wir schon fast festen», kalauert sie. Nach dem Gebetsruf des Imams von Buchs begeben sich die Muslime zum Gebet auf die Teppiche.
Linsensuppe, Lamm und Reis
Derweil kocht in der Küche die Linsensuppe; im Foyer werden die Salatteller gefüllt. Als Fastenbrecher dienen köstliche Datteln. An der Fassstrasse lässt man sich von Männern (sie arbeiten an diesem Abend in Küche und Service) Lammgeschnetzeltes mit Gemüse und Pilzen, Reis und Erbsli mit Rüebli schöpfen. Ein Blick in die Runde zeigt: Wer heute da ist, sucht den Kontakt mit Andersgläubigen. Das gilt nicht nur für Max Heimgartner vom Aargauer Interreligiösen Arbeitskreis; der Präsident der örtlichen Kirchenpflege und EVP-Grossrat Roland Bialek diskutiert engagiert mit Hamit Duran vom VAM. Dem Verband gehören von etwa 5000 der rund 30 000 Muslime im Aargau an. Im Gästebuch sind nun etliche Einträge zu lesen: Leute danken für die «Gastfreundschaft» und «schöne Begegnungen». Auch Urs Fischer vom Flüchtlingsdienst der Caritas Aargau freut sich: «Solche Anlässe schaffen Kontakte und dienen der Vernetzung.»